...Page is loading...
Event Type:
Exhibition
Location:
Galerie Kai Erdmann, Kleine Reichenstraße 1, 20457 Hamburg
Date:
May 03, 2019 - July 26, 2019
Time:
Tuesday to Friday 12-18h
Manfred Peckl
ja
nein
Textperformance: 20:00 Uhr
Eröffnung: 3.5.19, ab 18 Uhr
Dauer: 4.5. – 26.7.19
Konzert 2.5.19, 20 Uhr:
Van Urrgh
Ivar van Urk Gitarre, Stefan Müller Schlagzeug, Manfred Peckl Stimme
Schute Industriestraße 125, 21107 Wilhelmsburg, Hamburg
In den 1930er Jahren experimentierte Victor Vasarely mit figürlichen Darstellungen und entdeckte das Zebra für seine Kunst. Ohne begrenzende Umsrisslinien aus dem Untergrund heraus entwickelt, nutzte Vasarely das Thema mehrfach, um räumliches Volumen und Dynamik im Bild zu erreichen. Das Zebramotiv diente ihm als willkommenes Muster zur Ausbildung seines späteren abstrakt-geometrischen Vokabulars für optische Täuschungen und zur Erforschung der Wahrnehmung von Strukturen und Kontrasten auf der Grundlage von Seherfahrungen.
Manfred Peckls neue Streifenbilder in Schwarz und Weiß ließen sich zwar durchaus als Reminiszenz an die Op Art lesen, er konterkariert jedoch die zugrunde liegende Methode: Peckl lässt die Raumillusion, die Vasarely so wichtig war, links liegen und führt uns direkt hinein in seinen hypnotischen Realitätenwirbel. Glieder, Brüste, Nasen, Frisuren, alles entsteht aus der Tropfenform, die den Bauplan für alles – und nichts – in sich zu tragen scheint. Figuren tauchen auf und ziehen sich wieder in die Fläche zurück. Anstatt sich aufzublähen, zerfließen sie zäh vor dem Auge. Der Blick will die zuckenden Gestalten festhalten, doch sie werden vom Ganzen absorbiert. Erkennen gerät zum Kraftakt und endet im Wahn. Peckl entzieht damit das Sehen der Kontrolle des Betrachters.
Die zweigeschlechtlichen Knochenwesen sind von der Bewegung der Buntstiftlinie abgeleitet. Aus Farbpfützen erzeugt und vielen bunten Fäden gesponnen treten sie schließlich auch in Peckls Schwarzweißbildern auf. Hierfür klebt er Streifen um Streifen geschredderten Postermaterials zu Reliefs auf Leinwände, die zum Schluss mit einer dicken Schicht Lichtschutzglanzlack bestrichen werden. Peckl öffnet damit die Bildoberfläche für andere Stofflichkeiten und unwirkliche Sinneseindrücke. Verschiedene Wahrnehmungsebenen fließen ineinander. Flimmern überlagert Flimmern.
Peckl selbst beschreibt seine Vorgehensweise als »Malerei mit anderen Mitteln«. Er zerkleinert und verflüssigt gewissermaßen sein industriell vorgefertigtes Ausgangsmaterial, löscht auf diese Weise das darauf befindliche Abbild von Realität aus und überführt es in seine mediale Essenz. Wie ein Alchemist verwandelt der Künstler feste in flüssige Aggregatszustände. Materie zerrinnt im Formenfluss und aus dieser Suppe der Imagination lassen sich neue Welten und changierende Identitäten generieren. In der Zerstörung erneuert sich das Leben. Mit dieser Bildstrategie bezieht er sich auf einen Topos der Malereigeschichte: Der Akt des Malens wird schon seit der Antike mit dem Geschlechtsakt und der Schöpfung neuen Lebens gleichgesetzt. Peckl zeugt androgyne Archetypen. In ihrer Geschlechterpolarität synthetisiert sich die Möglichkeit der Transformation ins Alter Ego. So ist Jason in unzertrennlicher Liaison mit Sonja verbunden, aus Ali wird Lia und Anja findet ihr zweites Selbst in Jan.
Mit ihren Schlangenaugen und zum Kreis geformten Mündern rufen sie euch an! Folgt den fiebrigen Schwingungen der Linien und gebt euch den triefenden Figuren hin. Die Reflexion der sichtbaren Welt flackert und krisselt. Mann, Frau, Schwarz, Weiß, Dunkelheit, Licht, Tod, Leben, Ja, Nein. Der Flimmereffekt verbreitet sich als visuelles Echo des Zweifels angesichts einer instabilen Wirklichkeit.
Anka Ziefer
Leipzig, April 2019
Manfred Peckl
ja
nein
Textperformance: 8 pm
Opening: 3.5.19, ab 6 pm
Duration: 4.5. – 26.7.19
Concert 2.5.19, 8 pm:
Van Urrgh
Ivar van Urk Guitar , Stefan Müller Drums, Manfred Peckl Voice
Schute Industriestraße 125, 21107 Wilhelmsburg, Hamburg
Yes No
In the 1930’s, Victor Vasarely experimented with figurative representation and discovered the zebra for his art. Vasarely used the motif, free of limiting outlines, repeatedly to evoke spatial volume and dynamics in his pictures. The zebra motif served him well while developing his late vocabulary of geometric abstractions, used for optical illusions and researching the perception of structures and contrasts based on visual experience.
Manfred Peckl’s new black and white stripe pictures can certainly be read as reminisces of op-art, however he counters their fundamental method: Peckl leaves the spatial illusion, which was so important to Vasarely, to the side and takes us directly into his hypnotic swirl of realities. Appendages, breasts, noses, haircuts, everything originating from the form of the drop, which contain the blueprint for everything and nothing. Figures pop up and draw back into the surface. Forms flow away instead of pop out into three dimensions. The gaze wants to arrest quivering the shapes, but they are instead absorbed into the whole. The act of recognition becomes strenuous and ends in madness. Peckl takes the viewer’s control of seeing away.
The dual-sex bone creatures come from the movement of the colored pencil. Born of color puddles and multiple colored threads, they finally find their way into Peckl’s black and white pictures. To make these, he glues strip upon strip of shredded posters into reliefs onto canvases, then sealed with a layer of protective varnish. This opens the picture’s surface to other kinds of materiality as well as unreal sensual impressions. Different levels of perception flow into each other. Flickering superimposed on flickering.
Peckl describes his method as “Painting by other means”. He shreds and, in a sense, liquifies his industrial prefabricated starting material, erasing the effigy of reality it once contained by conveying it into its mediated essence. Like an alchemist, the artist transforms solid into fluid aggregate states. Material drains in the flow of forms and from the soup of the imagination new worlds and identities are made. Life is renewed through destruction. With this strategy of composing pictures, he references a topos from art history: the act of painting has been compared to coitus and the creation of new life since antiquity. Peckl creates androgynous archetypes. Their gender polarity synthesizes transformative potential into an alter ego. Thus Jason is connected to the unbreakable bond with Sonja, Ali becomes Lia and Anja finds her second self in Jan.
They call you with their snake eyes and circular mouths! Follow the feverish vibrations of the lines and surrender to the dripping figures. The reflection of the visible flutters and jitters. Man, woman, black, white, darkness, light, death, life, yes, no. Flickering resonates as visual echo of doubt in the face of an unstable reality.
Anka Ziefer
Leipzig, April 2019